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Wenn das Bettchen leer bleibt...

Was bedeutet Mama sein? Mama sein bedeutet ein Kind zu haben. Mama sein bedeutet bedingungslose Liebe, das Leben zu ändern, sein ganzes Herz zu geben. Mama sein bedeutet aber nicht, dass das Kind da ist. Manchmal bleibt das Bettchen leer.

Ein riesengroßes Thema in unserer noch riesigeren Welt – und trotzdem wird davon nicht gesprochen – es ist den wenigsten bewusst.

Wie viele Frauen sind Mamas von Kindern die fast niemand kennt. Wie viele Frauen haben ihr Kind verloren? Jede einzelne von ihnen ist eine Mutter und jede einzelne von ihnen hat eine Erfahrung gemacht, die sie vielleicht ihr ganzes Leben lang prägen und beeinflussen wird.

Dennoch wird darüber so wenig gesprochen. In unserer so fortschrittlichen Gesellschaft, in der Leistung an oberster Stelle steht. Frauen müssen nicht nur fantastische, ungestresste, gutaussehende Mütter sein – sie müssen die perfekte Geburt erleben und die perfekten Kinder haben. Leistung.

Für den Tod bleibt kein Raum.

Doch der Tod ist da.

Manche Kinder werden nicht lebend geboren oder bleiben nicht am Leben. Sternenkinder werden sie liebevoll genannt. Kinder, die zu den Sternen gehen, bevor sie das Licht der Welt erfahren dürfen.

Der Verlust eines Kindes ist wahrscheinlich eines der schlimmsten Erlebnisse für eine Mutter, für einen Vater. Alles ist anders. Von einem Moment auf den anderen. Aus der Bahn geworfen. Diese Zukunft ist nicht mehr da.

Schmerz, Trauer, Angst, Überwältigung.

Die Trauer ist da, sie ist riesig.

So wie der Schmerz.

Fragen quälen.

„Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können.“*

Als Hebamme möchte ich diesen Kindern, Müttern und Vätern eine Stimme geben. Davon erzählen, dass der Tod, in einer gewissen Art und Weise, auch schön sein kann.

Die Begleitung eines Sternenkindes auf die Welt und die Begleitung seiner Eltern ist eine große, wunderschöne Herausforderung. Eine riesige Ehre. Dass sich dieses Kind mich als Hebamme ausgesucht hat und dass ich seine Eltern bei dieser Erfahrung begleiten darf.

Jede Geburt ist für mich als Hebamme ein sehr ehrenvolles Erlebnis – ein Sternenkind zu begleiten, ist die größte Ehre. Dieses Kind kennenlernen zu dürfen – ein Kind, das nur so wenige kennen. Seine Eltern in dieser Zeit begleiten und kennen zu dürfen – eine Erfahrung die nur wenige machen dürfen.

Es ist etwas Magisches – etwas sehr Intimes. Vielleicht das Intimste überhaupt.

Es ist unendlich traurig und wunderschön zugleich. Diese bedingungslose Liebe erleben zu dürfen, diese Kraft, diesen Schmerz. Vielleicht ist es die prägenste Zeit im Leben seiner Eltern, weil sie mit so vielen Gefühlen gefüllt ist und doch so kurz ist.

Ich glaube die Geburt eines Sternenkindes macht das Leben intensiver. Sie lässt Gefühle aufkommen, die man bisher nicht erlebt hat. Sie lässt Fragen aufkommen, die man sich bisher nicht gestellt hat. Sie lässt Entscheidungen aufkommen, die man bisher nicht gefällt hat. Alles in einer so kurzen Zeit.

Sternenkinder verändern.

Sie bleiben für immer da – so wie die Sterne immer da sind.

* Der kleine Prinz’ von Antoine de Saint-Exupery.



1 comentario


stetele16
12 dic 2021

Ich bekomme richtig Gänsehaut bei deinem Text. So schön geschrieben liebe Pia. Du gibst all diesen Eltern und Sternenkindern wahrlich eine Stimme ♡

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